Neujahrsreise 4.Teil: Xiamen und das Hakkadorf Liulian

Wir fuhren 7 Stunden Zug, hatten allesamt nur noch Stehplätze bekommen, aber dafür dass wir die Tickets erst einen Tag zuvor besorgt hatten, ging das allemal in Ordnung. Es war auch garnicht so ungemütlich, obwohl ich gestehen muss, mich an die Fahrt garnicht mehr so recht erinnern zu können. Ich weiß nur noch, dass Johannes direkt vor dem heißen-Wasserspender saß und damit reihenweise Chinesen in tiefe Verwirrung oder gar Verlegenheit gestürzt hat. Und er immer wieder helfen musste, weil die Chinesen das Prinzip des Knopf-kräftig-drücken und Becher-drunterhalten oft nicht so ganz durchschaut hatten...

Am Abend sind wir an jenem Tag noch in freudiger Erwartung runter zum Meer, zum Strand. Die Verwunderung war groß, als wir direkt vor der Küste eine Schnellstraße über das Meer verlaufen sahen. Offenbar war auf der Insel, die Xiamen ja ist, nicht genug Platz für einen derartigen Highway. Allerdings wäre die Aktion, eine Straße direkt vor dem Strand zu bauen, in Europa direkt an den immensen Protesten der Städter und Tourismusfirmen gescheitert. Mal wieder ein Indiz dafür, auf der anderen Seite der Weltkugel zu sein. Es gab jedoch auch den Strand ohne Straße vor der Nase und der war schön, auch das Wetter stimmte - für die Jahreszeit und nach Hangzhou und Umgebung angenehm warm und trocken - sodass wir uns eine Weile einfach so hinpflanzen konnten. Im Lonely Planet hatte ich von einem Holzbohlenweg gelesen, der in der Nähe beginnen sollte und an welchem auch eine Festung mit deutscher Artillerie zu besichtigen sei. Wir machten uns also in die Richtung auf, der Weg war sehr schön, wir sind ihn aber nicht ganz gegangen, die Festung war echt unspektakulär und klein von außen, sodass uns das verlangte Eintrittsgeld zu happig erschien. Wir ließen sie links liegen. 

Am nächsten Morgen aßen wir Frühstück im Hostel - lecker Pancakes, und Toast mit Erdnussbutter auf der überdachten Terasse :), dann sind wir durch die Stadt gestreift, haben eine schöne Gegend um einen Fischerhafen innerhalb der stadt gefunden. Hier sah es ganz anders aus, als im Rest, schon toll!

Wir wollten endlich mal wieder nicht "echt" chinesisch essen, auch wenn uighurisch natürlich echt mega lecker ist, aber Johannes "Vibrations", das haben wir dieser Tage herausgefunden sind seit dem Uighur-Erlebnis in Shanghai nur noch auf Uighuren gepolt. Und apropos Uighuren: Die machen nicht nur gutes Essen, die sind auch so ziemlich die einzigen Chinesen, die was vom Brot backen verstehen. Abends haben wir dann auch noch super Brot gefunden und uns damit erstmal eingedeckt. 

Auf Gulangyu, der vor Xiamen gelegenen Insel, welche ganz besonders traumhaft und kolonialgeschichtsträchtig sein soll, sind wir zunächst den Touristenströmen ausgewichen, sind durch viele nette, aber nicht besonders spannende Gassen gelaufen, sind einmal im Kreis ohne es zu merken und haben uns zwischendurch auf einige Felsen direkt oberhalb des Wassers gesetzt und zur nächsten Insel (bereits Taiwanisches Gebiet, wenn auch noch nicht Taiwan selbst) hinübergesehen. Gegen Mittag waren wir dann wieder in einer der touristischeren Gegenden. Johannes hatte einen Anfall von Trubel-Allergie, sodass wir uns nach recht kurzer Zeit dazu entschlossen, uns in ein Café zu verkriechen. Ich fand's ganz nett, aber nicht überragend. Es war nett da zu sitzen, die Schokolade hat geschmeckt, aber es hätte nach etwas riechen müssen. Kaffee oder Schokolade oder warmer Teig oder ... - jedenfalls nach ETWAS, um das Café-feeling aufkommen zu lassen. Da wir viel zu früh aufgestanden waren, hatten wir noch einige Zeit zu füllen. Wir liefen durch die Straßen Xiamens, fern der Touristenhorden auf Gulangyu, abends wurde gepackt, denn am nächsten Tag fuhren wir per Bus (zum Schluss wie auf dem Land so üblich mit einem viel zu überfüllten Minibus) in die Gegend um Yongding ins Dorf Liulian. 

 

Ein kleines Dorf, direkt an einem typischen Hakka-Dorf. Natürlich muss man auch dafür wieder blechen, wenn man nicht Familie dort hat (Ich frag mich immer, wie die das nachweisen. Haben die dann einen "Hakkaausweis" oder was???), das war aber bei dem Traumwetter und der tollen Gegend schnell wieder vergessen. Die Häuser waren schon beeindruckend und die Atmosphäre richtig heimelig. Wir wurden dann noch von einigen Studentinnen, die über die Ferien nach Hause gekommen sind, eingeladen zum Tee trinken. Das war nett! Auf jedenfall ein Erlebnis war aber auch das Übernachten in einem der Tulous, es war schon sehr alt und kurz vor abrissfällig an manch einer Ecke, die alten Frauen hatten in ihren winzigen Räumen offene Feuer, die Hühner durften überall herumlaufen, unten im Innenhof gab es einen Brunnen, für eilige Notdurft gab es einen Eimer, zum Duschen (darauf haben wir dieser Tage verzichtet) und falls man sich doch mal eine echte Toilette wünschte, konnte man ins Hotel auf die andere Straßenseite. 

Schon spannend! Als wir - um noch am Abend als wir ankamen einiges sehen - herumliefen, sind wir mit einem Wärter zusammengestoßen, aber wir haben uns ein bisschen dumm gestellt und Spaß hat es auf jeden Fall gemacht. Ihm glaub ich nicht so viel, aber wirklich böse ist er auch nicht geworden und wir haben uns dann auch irgendwann zurückgezogen um noch was zu essen zu finden :)

Wir hatten eine Nacht und eineinhalb Tage in Liulian, dann haben wir noch eine Nacht in Yongding, dem nächstgrößeren Städtchen, verbracht, wo wir eine gute Unterkunft bekamen, da eine Gruppe Studenten sich uns angenommen und alles für uns geregelt hat. Wir haben sie zufällig später am Abend nochmal getroffen, da haben sie uns auch noch gezeigt, wo wir gut essen können uns gleich eine Spezialität bestellt. Supercool! Danke!

Die meisten Chinesen, gerade die Jungen, sind doch echt tolle Menschen :) 

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