Beihai hin und wieder zurück

In China ist immer wieder Spontaneität gefragt. Glaubt man gar nicht, bei einem Volk, dass vor lauter Schriftzeichen lernen zwar das Erinnerungsvermögen von Elephanten, aber nicht gerade die Kreativität mit Löffeln gegessen hat und deren junge Generation alle auf der gleichen Schiene fahren: Jobs zu bekommen die Wohlstand und Sicherheit versprechen. Dennoch ist der Lebensstil in diesem Land äußerst kurzfristig. So erfuhr ich am Dienstag Nachmittag, dass ich Donnerstag und Freitag frei haben würde. Also verbrachte ich den Dienstagabend weitesgehend damit, mir zu überlegen, wo es hingehen soll und bin am Mittwoch in der langen Mittagspause "mal eben" (2 1/2h) zum Bahnhof gefahren, um mir ein Ticket nach Beihai zu besorgen.

Eigentlich wollte ich gleich an dem Tag weiter nach Weizhou Island, aber die Fahrzeiten von Bahn und Fähre machten mir einen Strich durch die Rechnung: Genau abgestimmt, wie sie sind, fährt die letzte Fähre eine Minute eher los, als die erste Bahn ankommt. Man muss also zwangsweise eine Nacht in Beihai bleiben. Ganz clever ausgeklügelt, wirklich.

Aber ich fand eine tolle Herberge. Die drei Gäste ( da Nebensaison) - Yuan Yuan, Ya Ya, Rao - die Hostelbesitzerin - Shelly - und die Praktikantin - Jif - schienen wie eine Familie zu sein. Und ich wurde noch am Ankunftsabend integriert. Wir aßen zusammen zu Abend, dann gingen wir gemeinsam "Tang Shui" (Süßes Wasser, wörtlich übersetzt)  trinken, beziehungsweise essen. Ich weiß bis heute nicht, was genau das alles war, jedenfalls machte das Wasser den Eindruck von Milch, war aber ziemlich süß (und sättigend) und darin schwammen Süßkartoffelstücke und gelbe Sojabohnen, rote Bohnen und kleine, schwarze - Bohnen? - sowie etwas Geleeartiges (Ximî in Chinesisch, angeblich "Sago" in Deutsch,laut Leo.org, aber hab ich noch nie von gehört). War auf jedenfall sehr lecker.

Am nächsten Tag war das Wetter schlecht. Morgens regnete es (das hörte zum Glück bald auf), und den ganzen Tag herrschte fast sturmartiger Wind, sodass die Wellen hoch und stark an die Hafenmauer schlugen. Wir trotzten dem Wetter - ließen auf dem Weg jedoch statt unsere eigenen Beine die einer Rikschafahrerin für uns gegen den Wind ankämpfen - und sahen uns die "Lao Jie - alte Straße" (ja, das ist sie wirklich) an und liefen schließlich noch am Hafen entlang, den Wind genießend, bis es uns dann doch irgendwann zu kalt wurde. Wir wärmten uns drinnen eine Zeit lang auf. Letztlich wollten alle drin bleiben, nur Yuan Yuan (ein Mädchen mit nahezu gleichen Lebensvorstellungen und Interessen wie ich) hielt es nicht drinnen. Wir fuhren zu einem Hügel nahe Beihais, der von drei seiten von Wasser umgeben ist. Da der Regen aufgehört hatte, war es auch echt angenehm. Sie verstand englisch ganz gut und hatte nur Probleme beim Sprechen, aber das ging, desto länger sie mich reden hörte, auch besser, sodass wir uns ganz gut unterhalten konnten. Danach gingen wir zwei noch Yuntun essen (ähnlich Tortellini, aber besser, viel dünnerer Teig, mehr Füllung) und abends sahen wir uns alle gemeinsam einen Film an. Da die Chinesen nur wenige Filme synchronisieren, die meisten werden einfach mit Untertiteln gesehen, geht das ganz gut. So konnte ich zuhören und die anderen mitlesen. Der Samstag war wieder sonnig und schön, aber ich entschied, in beihai zu bleiben, da es mir a) gut gefiel und b) mir die Fahrzeit zu lang und der Fährpreis zu hoch erschienen, um nur einen Tag auf der Insel zu bleiben. An diesem Tag musste Yuan Yuan zurück fahren, wir spielten noch eine Weile 5-in-einer-Reihe, weil ich am Abend nach ein paar Runden zu müde geworden war, obwohl es wirklich spannend war, dann noch ein paar Abschiedsfotos - die Chinesen lieben ja bekanntlich Fotos - und dann musste sie gegen 11 Uhr auch gehen.

Den Nachmittag verbrachte ich daraufhin mit Ya Ya am Strand. Sie spricht kaum (eigentlich sprechen meine Junior 1 mehr...) Englisch, sodass wir uns hauptsächlich in gebrochenem (ich) und langsamen (sie) Chinesisch unterhalten haben. Ich hab noch keinen Menschen hier erlebt, der sich so viel Mühe gegeben hat, damit ich verstehe. Sie hat die einfachsten Satzkonstruktionen verwendet und hatte nach kurzer Zeit raus, was für Wörter ich verstehe. Wirklich gut!

Später kam noch ihr "Bruder", als guter Freund, dazu. Mo Mo hieß er. Da er English konnte, wenn auch nicht fließend, hob er mit seiner bloßen Anwesenheit das Gespräch auf eine etwas anspruchsvollere Ebene und so war der Abend noch richtig nett, als wir drei gemeinsam in der Lao Jie essen waren. Ich hatte eine art Salat (auf empfehlung Mo Mo's) mit Nudeln, Salatblättern, Gemüse, Fleisch (wie Dönerfleisch) und es war zum Reinlegen. Irgendwie eine Mischung aus chinesischen, türkischen und mediterranen Geschmäckern (das klingt irgendwie falsch, aber ich weiß nicht, wie man das sonst noch ausdrücken könnte).

Abends haben wir uns dann vor die Weltkarte gesetzt und darüber gequatscht, wo wir schon waren, wo wir noch hinwollen.

Und ich meine mich zu entsinnen, dass wir uns noch einen Film ansahen, aber ich weiß nicht mehr, was für einen, ich war wohl zu müde, um noch viel aufnehmen zu können.

Das war schon Samstag, so freie Tage gehen immer viel zu schnell vorbei. Am Sonntag fuhren Ya Ya, ein anderes Mädchen, die am Abend zuvor von Weizhou Island zurückgekehrt war, und ich zurück nach Nanning. Die beiden mussten dann noch weitere Züge nehmen, um wieder nach Hause zu kommen. Ich war froh, keine lange Fahrt vor mir zu haben. Besonders, da dir dann irgendwann doch die Themen, bzw die worte ausgehen, wenn du drei stunden im Zug sitzt und dich auf Chinesisch unterhalten musst...

 

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Kommentare: 2
  • #1

    taylor hampton solicitors (Freitag, 04 April 2014 12:24)

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Weise Weisen

 

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da oder dort.

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Hermann Hesse