Langmusi bis Datong

Ja, ich habe lange nichts mehr von mir hören lassen, zugegeben, dafür umso mehr erlebt. Ich lege mein Reisetagebuch neben mich, um für euch einigermaßen zusammenzufassen, was in den letzten zwei Wochen so geschehen ist.

Zuletzt schrieb ich aus Langmusi, ein wunderschöner Ort zwischen Grasland und Hügeln, perfekt für Outdooractivities und um die tibetische Kultur zu streifen, gerade da Langmusi zwar bei Backpackern beliebt ist, aber alles andere als touristisch, im Gegensatz zu Xiahe, wo ich nur einen Tag blieb, um das riesige Kloster zu bewundern. Will man alle Gebetsmühlen drehen (und genug Pilger machen das) ist man 3-4h unterwegs!

Alle Gebetsmühlen sind in einem Gang um das Tempelgelände angeordnet.

In Xiahe habe ich einen netten Tag mit zwei Mädels verbracht, die ich in Langmusi im Hostel kennengelernt habe, beide chinesisch, sprachen aber gebrochen englisch.

Von Xiahe ging es weiter nach Lanzhou, was ich als Tiefpunkt der gesamten Reise bezeichnen würde: Alle Telefonnummern von "Binguans" - günstigen Hotels - waren falsch bis auf eine, das zugehörige hotel wollte aber gleich über 200Yuan pro nacht. (zum Vergleich: Meist zahl ich 40-50)

Es wurde bereits dunkel und ich lief immernoch herum, fragte in jedem Hotel, aber alles was etwas günstiger (und direkt ziemlich versifft) war, nahm nur Chinesen auf, das einzige Youth Hostel in der Stadt bekam auch keine Lizenz, um Ausländer aufzunehmen und konnte keine Ausnahme machen, es begann zu regnen. Ich kaufte mir ein Zugticket, um so schnell es geht von dort fortzukommen ohne übernachten zu müssen. Meine Erkältung wurde im Regen schlimmer, die ich mir irgendwo im Grasland eingefangen hatte. Ich traf Vivian, auch eine Couchsurferin, an sich nett, aber stark parfümiert und wir hatten irgendwie nicht so viel gemeinsam, nichts zu reden außer Zahnärzten. Wir kriegten die Zeit in einer Bar rum, am Bahnhof angekommen war ich so k.o., dass ich mich auf dem Sitz in der Wartehalle einkringelte und einnickte, wodurch ich meinen Zug verpasste. Zum Glück bekam ich einen späteren, musste aber unbequem die Nacht durch sitzen. Ich konnte wegen der Erkältung und dem unfreundlichen Chinesen, der sich weigerte, von MEINEM Platz (am Fenster) aufzustehen, auch nicht schlafen. In Tianshui angekommen fand ich eine Bank vor dem Bahnhof, auf der ich mich erneut einrollte, bis die ersten Hotels öffneten und die Suche ging von neuem los. Die meisten nahmen erneut keine Ausländer, ab dem 5ten kam ich mir regelrecht diskriminiert vor, das 7te nahm mich dann aber auf und ich konnte einen beinahe angemessenen Preis aushandeln. 

Ich sah mir den Maiji Shan (Heuhaufenberg) an, der übersät mit Steinmeißelkunst ist und lief durch den botanischen Garten. Natürlich fing es an zu regnen, als ich am weitesten von aller Zivilisation entfernt war, so doll, dass mein China-Schirm zu Bruch ging, am Abend in Tianshui versuchte ich's mit einem heißen Fußbad und viel Tee, aber ich war definitiv angeschlagen.

 

Danach ging es aber bald aufwärts. Um schnell gesund zu werden, beschloss ich schon eher als geplant nach Xi'an zu fahren, denn in Xi'an war es warm und trocken und es gibt nette Hostels.

Gesagt, getan, am nächsten Tag war ich unterwegs. Einen Tag entspannte ich im Hostel, dann ging es schon gleich besser, ich wusch meine Kleidung, lernte nette Ausländer kennen, verbrachte einen weiteren Tag in der Innenstadt, um es ruhig angehen zu lassen. Ich mag das muslimische Viertel sehr, es riecht gut, überall gibt es gute Snacks und es wird gefeilscht, was das Zeug hält. Eintrittspreise sind gepfeffert für alles, was sehenswert ist, also tat ich mir nur den Glocken- und Trommelturm inklusive Musikvorführung an, und ließ all die Pagoden links liegen. Dann natürlich die Terracotta-Armee am dritten Tag. Beeindruckend, aber leider kann man nicht besonders nah heran. 

Da war der Trip hinauf zum Hua Shan, einem der fünf heiligen Berge des Taoismus - spektakulärer und anstrengender, aber ich fühlte mich gut erholt. Wir (ich lernte drei Chinesen kennen, zwei Studenten (ein Päärchen) und den kleinen Bruder des Mädchens) bestiegen den Berg nachts, um der Hitze des Tages zu entgehen und den Sonnenaufgang zu beobachten. Wir hatten super Glück mit dem Wetter: Erst der Sternenhimmel über uns, dann zog es sich etwas zu (am Gipfel war es dennoch ziemlich frisch) und gab kurz vor Sonnenaufgang genau am richtigen Fleck ein großes Wolkenloch frei, sodass wir einen unendlich schönen Sonnenaufgang erleben durften.

Von Xi'an ging es nach Pingyao, über Nacht, 10h Hardseat, es ist quasi unmöglich, auf dieser Strecke einen Sleeper zu bekommen. Aber da ich wieder frei atmen konnte und so erschöpft von der Nacht zuvor war schlief ich zumindest immer wieder leicht ein, sodass die Zeit recht schnell um ging. Dennoch sollte ich die zwei schlaffeindlichen Nächte noch zu spüren bekommen. Ich schlief beinahe einen ganzen Nachmittag in Pingyao und war abends trotzdem müde, ich war aber zuvor auch lange durch die alten Gassen gelaufen. Abends traf ich einen weiteren CSer, einen Travelguide, der mich zum Abendessen zu sich nach hause einlud. Das Essen war ein wenig fad, aber typisch Shanxi-Style: scheinbar einfach gar keine Gewürze verwenden, dafür kann ein normaler Koch hier an die 30-40 Arten Nudeln herstellen und Spitzenköche bis zu 200... Na, nach Guangxi, Yunnan und Sichuan fehlte mir die Schärfe doch etwas (wieder und wieder), immerhin das Brot ist gesalzen in Shanxi, was nach all dem süßen oder ungesalzenen Brot eine Wohltat ist.

Es hielt mich nicht lange in Pingyao, die Stadt ist schön, aber auf die Dauer dann doch recht eintönig. Mich zog es an die Ufer des Huang He, gelben Flusses. Die Anreise dahin war etwas komplizierter als erwartet, aber ich kam dann doch noch an, ich traf zwei Koreaner, die zwar chinesisch schreiben können, aber nicht sprechen. Ich mit meinem gebrochenen Chinesisch und sie mit ihren Schreib- und Lesekünsten zusammen, schafften wir es auch durch die Masse an Fragen und Antworten in Jin, dem Shanxi-Dialekt, über welchen eine Debatte herrscht, ob man ihn nicht als eigenständige Sprache ansehen sollte. also ich stimme dafür, ich hab kaum was verstanden, selbst wenn sie versuchten Mandarin zu reden und auch sie hatten Schwierigkeiten mich zu verstehen (was überall sonst meist gut klappt).

Am Huang He erwartete uns sengende Hitze, Straßenstaub und Löss-lehm, der - leicht feucht - unter den Schuhen klebte wie Kaugummi. Aber auch wunderschöne Dörfer voller sehr netter Menschen und einiger, die uns etwas misstrauisch beäugten ;)

Es war eine schöne Gegend, ich blieb einen Tag in Qikou, einem größeren Dorf und eine Nacht in Lijiashan, einem Dorf in der Nähe, wo ich in einem Gasthaus für 40 Yuan blieb inklusive Essen. Und es war viel zu Essen! Sie haben mich gemästet wie ein Schwein :D

Nun bin ich in Datong (über Taiyuan- der erste Schlafzug seit Nanning nach Kunming) und habe heute die berühmten Yungang-Grotten gesehen, die sehr prächtig sind,  allerdings erst vor 1500 Jahren in den Fels gehauen wurden und da gab es meiner Meinung nach prächtigeres im alten Rom. Dennoch: Verglichen mit allen istorischen Überresten in China (den echten historischen, nicht den Replikaten), ist dies wohl das beste, was man sehen kann.

Morgen sehe ich mir ein weiteres Kloster an - mehr wegen der Architektur, als wegen der Religion: es "hängt" förmlich an einem Berg.

Und jetzt hab ich Hunger und gehe Shanxi-Nudeln essen :)

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