There's no Business like Show

Hey, meine lieben Blogleser! 

Herzlich Willkommen im Jahr 2012! Meine Seite hat ein etwas anderes Gesicht, Sunset über den Dächern Nannings, und die Chinesen sprechen plötzlich alle vom prophezeiten Weltuntergang für Dezember 2012, wegen dieser dämlichen Geschichte mit dem Maya-Kalender. Ich hatte zwar gehofft, ja nahezu erwartet, dass mir solche Diskussionen erspart blieben, aber leider Gottes machen derlei Gerüchte auch vor dem fernen Orient, dem Land der aufgehenden Sonne nicht halt. 

Aber genug gequatscht, egal wie furchtbar schön, tragisch und aufregend das neue Jahr verlaufen wird, ich spul nochmal zurück ins Jahr 2011, das für mich wesentlich kolossaler und spannender endete als je ein Jahr in Deutschland:

Wir schreiben Mittwoch, den 28.12.2011

Es ist fünf Minuten vor sechs Uhr abends, Ebru hat einen entspannten Tag hinter sich, während ich wie ein gescheuchtes Huhn durch die Wohnung gerannt bin, um die letzten Vorbereitungen zu treffen. Nun geht es zur Schule, Medienraum, in welchem wir uns zum letzten Mal mit unseren Seniors treffen. Natürlich war der Raum noch abgeschlossen, als wir ankamen und natürlich dauerte es fast eine halbe Stunde, bis endlich alle eingetrudelt waren. Ich war mega nervös, doch besserte es sich, desto mehr eintrafen. Es war der Abend unseres Theaterstückes. Christmas Carol war - betrachtete man die Proben - noch lange nicht aufführungsbereit. Aber es war die letzte Möglichkeit vor Ebrus Abreise und so wurde nicht gezögert.

Wir hatten eine letzte Probe mit einigen letzten Anweisungen, dann klopfte es auch bereits - natürlich viel zu früh nach meinem Geschmack - und die ersten Mitschüler und Zuschauer strömten ein. Schnell wurden sich die Kostüme übergeworfen, schnell Kerzen und Feuerzeug für die Geister bereitgelegt, schnell die anderen Utensilien an ihre Plätze gebracht. Um kurz nach sieben öffnete sich der imaginäre Vorhang und das Spiel begann, nachdem ich ein letztes Mal allen eingeschärft hatte, durchgängig mitzulesen, um keinen einsatz zu verpassen. Und dann lief es unglaublich rund, ich war so erleichtert: Weit besser als in den Proben funktionierten nun alle Übergänge, alle Einsätze, über den ein oder anderen Texthänger konnte ich als Souffleuse schnell hinweghelfen, die Bilder in der PP-Präsentation waren richtig sortiert und sogar die Dunkelstelle stimmte, gut, dass ich vorher noch einmal drüber gegangen war. Es ist ein tolles Gefühl, wenn - na gut, wider Erwarten - etwas selbst auf die Beine Gestelltes, von vorne bis hinten Durchgeplantes zur richtigen Zeit am richtigen Ort seine Vollendung findet. Es war einfach gehalten, als Kulisse dienten die an die Wand geworfenen Bilder sowie vier Stühle, zwei Tische und ein Kissen, als Hemden für die Businessmänner die Schuluniform, die meisten Kostüme bestanden aus Alltagskleidung, mal mit Krawatte oder Weihnachtsmütze kombiniert, und dennoch war es ein echter Erfolg. Ich bin wirklich stolz auf unsere Seniors und einige der Junior 2, die mitgewirkt haben!!!

So endete der Mittwoch, am Donnerstag stand bereits die nächste Generalprobe an, mit den Juniors für das Neujahrsfest der Schule. Last Christmas, gesungen und mit zwei Gitarren begleitet, wollten wir vorführen. Offengestanden dachten Ebru und ich an eine Verantsaltung im Schulfestrahmen: Eben laienhaft mit vielen unmotivierten Schülern, die, angespornt von sich vor den Eltern zu rehabilitieren versuchenden Lehrern, auf eine Bühne stellen und ein Lied zum Besten geben. 

Nun, wir hatten uns getäuscht. Und zwar gewaltig: Die Veranstltung übertraf jedes deutsche Schulspektakel bei weitem: Das Wort "unmotiviert" existierte überhaupt nicht, es gab tolle Kostüme, perfekt choreografierte Tänze, Schauspiel, Gesang, alles miteinander kombiniert. Die Darsteller: schüler, die sich plötzlich in Stars, Tänzer oder Opernsänger verwandelten und dabei sichtlich Freude hatten und sich wohlfühlten. Sie übermittelten ein nie erlebtes Gemeinschaftsgefühl, rissen uns mit. Gerade bei den älteren wurde deutlich wie viel eigene Kreativität und Eigenengagement der Schüler in dem Projekt steckten. Im Vergleich dazu verblasste unsere Vorstellung dann doch etwas. Es gibt einen Unterschied zwischen schön und fantastisch-atemberaubend und an diesem Abend wurde er spürbar. Ich war unglaublich gerührt von der Schönheit der Auftritte, von dem Gemeinschaftsgefühl, dass uns alle miteinander verbandt und ich war stolz darauf, Lehrerin von so wunderbaren Kindern und Teenagern zu sein. 

Ebru bekam an jenem Abend von ihrer Senior-2-Klasse noch eine Überraschung. Die Liebeserklärung eines ihrer Schüler, welchen offenbar die ganze Klasse in seinem Vorhaben unterstützt hatte. Natürlich war das nicht ganz die Art Abschied, die Ebru sich vorgestellt hatte und ich kann mir vorstellen, wie unwohl sie sich dabei gefühlt hat, aber ich war an diesem Abend einfach nur noch mehr gerührt. Wenn es mir gelingt, stelle ich ein, zwei Videos auf die Internetseite, Bilder natürlich sowieso. 

Ja, so endete das Jahr 2011 in der Schule. Als es dann wirklich Samstag Abend so weit war haben wir dann, nach einem gemütlichen Abend mit dem Film "Prince of Persia", das unspektakulärste Feuerwerk unseres Lebens gesehn. Die Chinesen, die sonst selbst für den Geburtstag der vor drei jahren verstorbenen Großtante ein kleines Feuerwerk veranstalten, waren erstaunlich untätig. Ein kleines, aber immerhin schönes, doch weit entferntes Feuerwerk irgendwelcher Privatpersonen war das spannendste in dieser Nacht, neben den Ballonlaternen, die einige haben aufsteigen lassen.

Ja, tatsächlich haben die Chinesen ja noch ihren traditionellen Jahresbeginn, der - und darauf freue ich mich schon - auf jeden Fall größer ausfallen wird. So, und nun eine gute Nacht, fangt gleich heute an, das neue Jahr in vollen Zügen zu genießen!

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